“Engpässe beseitigen“ bedeutet: Systematische Engpässe im Wertstrom identifizieren und gezielt auflösen, damit der Fluss von Arbeit nicht blockiert wird. Ein „Bottleneck“ ist jede Stelle, an der sich Arbeit staut – sei es durch limitierte Kapazität, Abhängigkeiten oder ineffiziente Prozesse. In SAFe ist das aktives Gestalten von Flow: Bottlenecks nicht hinnehmen, sondern sichtbar machen und beseitigen.
Praxisbezug
Engpässe entstehen auf allen Ebenen:
- Team-Ebene: z. B. zu wenige Tester, langsamer Code-Review.
- ART-Ebene: Feature hängt an einem Spezialisten-Team.
- Portfolio-Ebene: Entscheidungen des Managements dauern zu lange.
Konkrete Praktiken:
- Visualisierung mit Kanban-Systemen und Metriken (Cumulative Flow Diagram).
- Bottleneck-Swarming: Teams fokussieren sich gemeinsam auf die Entlastung.
- Kapazitätsausgleich: Umschichtung von Ressourcen oder Enabling Teams.
- Automation: z. B. Testautomatisierung reduziert Engpässe im QA-Bereich.
Typische Missverständnisse
❌ „Bottlenecks sind nur technische Probleme“ – in Wahrheit sind sie oft organisatorisch (Entscheidungen, Abhängigkeiten).
❌ „Nur das Bottleneck-Team muss schneller arbeiten“ – nein, die gesamte Organisation muss Engpässe verstehen und entlasten.
❌ „Einmal beseitigt, für immer gelöst“ – Bottlenecks wandern: wird einer gelöst, tritt der nächste im System hervor.
Relevanz für Organisationen
Die Liefergeschwindigkeit eines Systems ist immer durch den Engpass bestimmt (vgl. Theory of Constraints, Eliyahu Goldratt). Ignorierte Bottlenecks führen zu:
- Staus in Backlogs
- Frustration und Verschwendung
- Qualitätseinbußen
-Unzuverlässiger Vorhersagbarkeit
- Systematisch adressierte Engpässe führen dagegen zu kürzeren Durchlaufzeiten, stabilerem Flow und höherer Produktivität.
Beispiel aus der Praxis
In einem ART bei einem Industriekunden staute sich die Arbeit in der Testphase. Ursache: Nur zwei Personen mit Spezialwissen. Lösung: Enabling Team für Testautomatisierung + Cross-Skilling im ART. Ergebnis: Test-Durchlaufzeit halbierte sich, Bottleneck verlagerte sich anschließend ins Requirements Engineering – wo dann der nächste Verbesserungszyklus ansetzte.
Anwendung außerhalb von SAFe
Auch ohne SAFe ist „Address Bottlenecks“ universell:
- Lean Production: Engpass-Maschine bestimmen und entlasten.
- Kanban: Bottlenecks im Flow sichtbar machen (CFD, Lead Time Charts).
- Change Management: Bottlenecks sind oft Führungskräfte, die Entscheidungen verzögern.
Prinzip: Jeder Wertstrom hat Engpässe – die Kunst ist, sie kontinuierlich zu managen.
So nutzen gute Coaches Bottlenecks konkret
- Messung: CFD-Analysen → Engpass-Stadien erkennen.
- Workshops: Systemische Ursachenanalyse (5-Why, Ishikawa).
- Experimente: Kleine Änderungen (z. B. Cross-Skilling, Automation) einführen.
- Management-Einbindung: Engpässe häufig organisatorisch → Transparenz für Entscheider.
- Lernschleifen: Bottleneck Review als regelmäßiges Event im ART.
CALADE-Perspektive
Wir sehen Bottlenecks nicht als „Fehler“, sondern als natürliche Engstellen im System, die wertvolle Hinweise auf Verbesserungen geben. CALADE-Coaches arbeiten mit Teams und Führung daran, Bottlenecks sichtbar zu machen, systemisch zu verstehen und evolutionär zu beseitigen – sei es durch Technik (Automation), Organisation (Skillbreite) oder Kultur (Entscheidungswege).
Weiterführende Begriffe
- Theory of Constraints (TOC)
- Cumulative Flow Diagram (CFD)
- Enabling Team (SAFe/Team Topologies)
- Swarming
- Continuous Improvement (Kaizen)
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