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Glossarbeitrag

Was ist Capacity Allocation (Kapazitätsallokation) im SAFe?

Capacity Allocation (Zuordnung von Kapazitäten) ist im Scaled Agile Framework (SAFe) das Mittel, wie die verfügbare Kapazität eines ARTs oder Teams auf unterschiedliche Arbeitstypen verteilt wird – z. B. Business Features, Enabler, Compliance-Arbeit oder Wartung/Schuldenabbau. 

Ziel ist es, sowohl kurzfristigen Geschäftswert als auch langfristige technische Basis, regulatorische Anforderungen und Innovationsfähigkeit sicherzustellen. Capacity Allocation ist eng mit dem Program Backlog verbunden und wird zu Beginn jedes Program Increment (PI) überprüft. 

 

Praxisbezug 

Capacity Allocation wird in SAFe explizit auf ART-/Solution-Backlogs und Team-Backlogs angewandt. Kategorien sollten ART-weit konsistent sein. Der Schwerpunkt liegt auf der Balance zwischen Features/Capabilities und Enablern, um den Architectural Runway tragfähig zu halten. 

- Product Management nutzt Capacity Allocation auf ART-Ebene, in Abstimmung mit System Architect/Engineering und Business Ownern, um Features und Enabler auszubalancieren. 

- Product Owner wenden die Quoten im Team Backlog an und stellen sicher, dass Teams konsistent mit den vereinbarten Kategorien arbeiten. 

 

Relevanz für Organisationen 

Ohne Capacity Allocation entstehen typische Schieflagen: 

- Zu viele Features → kurzfristiger Geschäftswert, aber steigende technische Schuld und sinkende Liefergeschwindigkeit. 

- Zu viele Enabler → starker Technikfokus, wenig sichtbarer Kundennutzen, Vertrauensverlust im Business. 

- Compliance vernachlässigt → rechtliche Risiken, mögliche Sanktionen. 

 

Mit klarer Capacity Allocation entstehen: 

- Strategische Balance zwischen Business und Technik, 

- Planungssicherheit, 

- Transparenz und Vertrauen, 

- Nachhaltige Systeme über Jahre. 

 

Praktische Beispiele (ART-/Team-Ebene) 

Automotive (Fahrerassistenzsysteme): Ein ART entwickelte ADAS-Software. Frühere Feature-Fokussierung (z. B. Spurhalteassistent) führte zu technischer Schuld. Gleichzeitig mussten Sicherheitsnormen wie ISO 26262 eingehalten werden. 

→ Mit 55 % Features, 25 % Enabler (z. B. Safety-Testautomation, Plattformarchitektur) und 20 % Compliance wurde Kundennutzen, Sicherheit und Stabilität gleichermaßen erreicht. 

Telekommunikation (Plattformmodernisierung): Ein Provider wollte Self-Service-Features schnell liefern, musste aber parallel die Plattform in die Cloud migrieren und DSGVO-Anforderungen erfüllen. 

→ Mit 50 % Features, 30 % Enabler (Cloud-Migration, Infrastrukturmodernisierung) und 20 % Compliance entstand Balance zwischen Kundenzufriedenheit, technischer Erneuerung und Rechtssicherheit. 

Versicherung (digitale Schadenmeldungen): Fachbereiche forderten schnelle digitale Lösungen. Ohne API-/Datenintegrations-Enabler wären Silos entstanden; zudem verlangte die BaFin regulatorische Anpassungen. 

→ Mit 60 % Features, 20 % Enabler, 10 % Compliance und 10 % Wartung konnte digitaler Fortschritt mit Stabilität und Compliance verbunden werden. 

Mittelstand (ERP mit Innovation): Ein ERP-Anbieter wollte neue Module liefern, hatte aber Schulden angesammelt und plante KI-Experimente. 

→ Mit 70 % Features, 20 % Schuldenabbau und 10 % KI-Exploration entstand Balance zwischen kurzfristiger Wettbewerbsfähigkeit, mittelfristiger Stabilität und langfristiger Innovation. 

 

Spezialfall: Portfolio-Ebene mit Lean Portfolio Management (LPM) 

Auf Portfolio-Ebene wird Capacity Allocation über Lean Budgets und Guardrails gesteuert: 

- Lean Budgets & Guardrails: LPM finanziert Value Streams und setzt Guardrails wie Applying Capacity Allocation oder Investment by Horizon, um Business- und Enabler-Epics auszubalancieren. 

- Participatory Budgeting (PB): Budgets werden kollaborativ auf Value Streams verteilt; die Quoten wirken später auf ART- und Team-Ebene. 

- Portfolio-Kanban & WIP-Limits: Business- und Enabler-Epics laufen durch Portfolio-Kanban; nur wenn Budget und Kapazität verfügbar sind, werden sie umgesetzt. 

- Durchreichung in ARTs/Teams: Portfolio-Vorgaben kaskadieren in Program-/Team-Backlogs und werden dort in konkrete Prozentallokationen umgesetzt. 

 

Praktische Beispiele (Portfolio-Ebene mit LPM) 

Globaler Automobilkonzern:

- Guardrails: 60 % Run/Grow, 30 % Enabler, 10 % Compliance. Business-Epics (Infotainment) wurden gestoppt, bis Plattform-Enabler abgeschlossen waren.

- Ergebnis: Balance von Innovation und Sicherheit. 

Telekommunikationsunternehmen 

- Guardrails: PB verteilte Budgets: 50 % digitale Kundenerlebnisse, 30 % Netzmodernisierung, 20 % Security/Compliance. Diese Quoten flossen in ART-Backlogs und stellten Balance sicher. 

Versicherungskonzern 

- Guardrails reservierten 25 % für Enabler-Epics (z. B. Datenplattform).

- Ergebnis: Digitale Produkte konnten schneller integriert werden, da die Basis rechtzeitig geschaffen wurde. 

 

Umsetzung in der Praxis 

- Portfolio-Ebene: LPM definiert Budgets und Guardrails. 

- ART-Ebene: Product Management übersetzt diese in Capacity-Quoten im Program Backlog. 

- Team-Ebene: Product Owner setzen die Quoten im Team Backlog um. 

- Review: In Inspect & Adapt wird Allocation überprüft und angepasst. 

- Visualisierung: Kapazitätsquoten werden transparent in Roadmaps, Boards und Kanban dargestellt. 

 

CALADE-Sichtweise 

Viele Organisationen definieren Budget-Guardrails, aber setzen sie nicht sichtbar in ART-/Team-Quoten um. Bei CALADE koppeln wir Guardrails direkt an sichtbare Allokationen in Backlogs. So wird Capacity Allocation zu einem lernenden Steuerungsinstrument, das Strategie, Budgets und Umsetzung verbindet. 

 

Weiterführende Begriffe 

- Lean Portfolio Management (LPM) 

- Lean Budgets & Guardrails 

- Participatory Budgeting 

- Portfolio Kanban 

- Enabler & Architectural Runway 

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