Planning Poker – auch bekannt als Scrum Poker – ist eine agile Schätzmethode, die auf Konsensbildung im Entwicklungsteam beruht. Sie wird vor allem in Scrum-Teams im Rahmen der Sprint Planning oder bei Backlog Refinements eingesetzt. Ziel ist es, die relative Komplexität und den Aufwand von User Stories oder Features zu schätzen.
Im Gegensatz zu klassischen Top-down-Schätzungen beruht Planning Poker auf der kollektiven Intelligenz des Teams, das die Arbeit später selbst umsetzt. So wird sichergestellt, dass alle Perspektiven – fachlich, technisch, qualitativ – in die Einschätzung einfließen.
Ablauf einer Planning Poker Session
- Vorstellung der Story: Der Product Owner oder ein Stakeholder beschreibt eine User Story oder ein Feature. Fragen des Teams werden geklärt.
- Individuelle Schätzung: Jedes Teammitglied wählt verdeckt eine Karte aus seinem Planning-Poker-Deck.
- Aufdecken: Alle Karten werden gleichzeitig gezeigt, um Ankereffekte zu vermeiden.
- Diskussion: Bei stark abweichenden Schätzungen begründen die niedrigste und höchste Schätzung ihre Einschätzung.
- Neue Abstimmung: Der Prozess wird so lange wiederholt, bis sich das Team auf eine gemeinsame Einschätzung geeinigt hat.
Die Fibonacci-Folge im Planning Poker
Die meisten Planning-Poker-Decks nutzen eine modifizierte Fibonacci-Folge:
0, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 20, 40, 100
Die Fibonacci-Zahlen wachsen exponentiell, wodurch Unsicherheit bei großen Stories berücksichtigt wird.
0: Trivial, kaum Aufwand (oder bereits erledigt).
1–3: Kleine Stories, gut überschaubar.
5–8: Mittlere Stories, moderat komplex.
13–20: Größere Stories mit erhöhtem Risiko oder Abhängigkeiten.
40–100: Sehr große, kaum überschaubare Stories, die besser gesplittet werden sollten.
Die Idee: Je größer der Wert, desto unschärfer die Schätzung. Exakte Zahlen für große Aufgaben wären ohnehin illusorisch – Planning Poker macht diese Unsicherheit sichtbar.
Warum Planning Poker? – Probleme und Herausforderungen, die gelöst werden
- Vermeidung von Ankereffekten: Werden Schätzungen nacheinander abgegeben, beeinflussen frühe Meinungen die Gruppe. Das gleichzeitige Aufdecken verhindert dies.
- Beteiligung aller: Jede Stimme zählt, nicht nur die des lautesten oder erfahrensten Teammitglieds.
- Konsens statt Kompromiss: Abweichungen führen zu Diskussionen, die Verständnis fördern und zu einem geteilten Bild führen.
- Transparenz: Unterschiedliche Perspektiven (z. B. Entwickler, Tester, UX) werden explizit gemacht.
- Fokus auf Komplexität statt Zeit: Schätzungen in Story Points reflektieren Schwierigkeit, Risiko und Unsicherheit, nicht lineare Stundenangaben.
Typische Herausforderungen
- Zu detaillierte Diskussionen: Teams verlieren sich in Endlosdebatten – Moderation ist entscheidend.
- Missverständnis der Story Points: Manche Organisationen übersetzen sie fälschlicherweise direkt in Stunden – was den Nutzen untergräbt.
- Übermäßiger Formalismus: Planning Poker sollte pragmatisch bleiben; nicht jede kleine Story muss durch den gesamten Prozess laufen.
- Große Diskrepanzen: Können auf unterschiedliches Verständnis der Story oder verdeckte Risiken hinweisen – hier liegt oft der größte Lernwert.
Praktische Relevanz in der agilen Arbeit
Planning Poker ist mehr als nur eine Schätztechnik. Es ist ein Dialoginstrument, das:
- Wissenslücken aufdeckt,
- Risiken früh sichtbar macht,
- gemeinsames Verständnis zwischen Team und Product Owner fördert,
- und Teams hilft, Backlog Items besser zu schneiden.
Damit wird Planning Poker zu einem Hebel für Teamlernen, Transparenz und Vorhersagbarkeit – zentrale Prinzipien agiler Arbeitsweisen.
CALADE Perspektive
In agilen Transformationen erleben wir, dass Planning Poker häufig mechanisch durchgeführt wird. CALADE unterstützt Teams darin, die Methode als echten Kommunikations- und Lernprozess zu nutzen. Unsere erfahrenen Coaches und Trainer zeigen, wie Planning Poker mit praktischen Heuristiken (z. B. Story Splitting, Wertfokus, Risikodiskussionen) kombiniert werden kann. So wird aus einer Schätzrunde ein Katalysator für bessere Planung, Alignment und Selbstorganisation.
Verwandte Begriffe
- Story Points
- Backlog Refinement
- Sprint Planning
- Schätzmethoden (z. B. T-Shirt Sizes, Affinity Estimation)
- Relative Schätzung
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