Das Product Backlog Refinement (früher auch „Backlog Grooming“ genannt) ist eine fortlaufende Aktivität in Scrum, bei der die Product Backlog Items (PBIs) überprüft, detailliert, priorisiert und geschätzt werden. Anders als die fünf offiziellen Scrum-Events ist das Refinement nicht timeboxed, sondern findet kontinuierlich während des Sprints statt. Typischerweise sollte es nicht mehr als 10 % der Kapazität des Entwicklungsteams beanspruchen.
Praxisbezug
Product Owner verantwortet die Priorisierung (Ordering) der Items und sorgt für Klarheit über Business Value und Produktvision.
Entwicklungsteam bringt Schätzungen und technische Expertise ein, um die Umsetzbarkeit sicherzustellen.
Scrum Master unterstützt, indem er/sie sicherstellt, dass Refinement effizient durchgeführt wird, ohne zu viel Kapazität zu verschlingen.
Typische Aktivitäten sind:
Zerlegen von großen Epics in kleinere, umsetzbare User Stories.
- Ergänzen von Akzeptanzkriterien.
- Schätzen des Aufwands (z. B. in Story Points).
- Anpassen der Reihenfolge im Backlog.
- Entfernen veralteter Items.
Relevanz für Organisationen
- Verbesserte Planbarkeit: Teams können kommende Sprints besser vorbereiten, weil die Items klar beschrieben und geschätzt sind.
- Kürzere Sprint Planning Meetings: Gut vorbereitetes Backlog führt zu effizienteren Planungen.
- Transparenz für Stakeholder: Klarheit über Inhalte, Prioritäten und Wertbeiträge fördert Vertrauen und Stakeholder-Engagement.
- Reduziertes Risiko: Frühes Klären von Anforderungen verringert Missverständnisse und spätere Rework-Kosten.
Praktische Beispiele
- E-Commerce-Team: Zerlegt einen großen Epic „Checkout-Optimierung“ in kleinere User Stories (z. B. „Als Kunde möchte ich mit Apple Pay bezahlen“). Ergänzt Akzeptanzkriterien („Zahlung wird im Warenkorb bestätigt“).
- Industrieprojekt: Ein Team entdeckt beim Refinement technische Risiken (Legacy-Schnittstellen). Durch frühzeitige Diskussion wird ein Enabler-Item eingefügt, bevor das Risiko blockiert.
- SaaS-Unternehmen: Product Owner bringt Feedback aus User-Tests in das Refinement ein. Items mit hohem Kundenmehrwert rücken nach oben, andere werden depriorisiert.
Umsetzung in der Praxis
Regelmäßigkeit: Refinement findet oft in wöchentlichen Sessions statt (z. B. 1–2 Stunden), zusätzlich zu ad-hoc-Aktivitäten.
Timebox im Auge behalten: Nicht mehr als 10 % der Teamkapazität, um Überfrachtung zu vermeiden.
Methoden:
- Story Mapping, um Zusammenhänge sichtbar zu machen.
- Planning Poker oder T-Shirt-Sizes für Schätzungen.
- Definition of Ready (DoR) als Checkliste für „reifes“ Item.
Remote-Umgebungen: Virtuelle Tools wie Miro oder Jira erleichtern Transparenz und Zusammenarbeit.
Anti-Pattern
- Kein Refinement: Backlog ist unscharf, Sprint Planning eskaliert zu stundenlangen Diskussionen.
- Over-Refinement: Zu detaillierte Spezifikation führt zu Verschwendung, wenn Items später nicht umgesetzt werden.
- PO-only Refinement: Product Owner arbeitet isoliert; Team wird erst im Sprint Planning einbezogen.
- Fehlende Priorisierung: Backlog ist zwar detailliert, aber Business Value bleibt unklar.
CALADE-Sichtweise
Wir sehen Refinement als zentrales Bindeglied zwischen Vision und Umsetzung. Gutes Refinement verbindet Business Value, technische Realisierbarkeit und Team-Empowerment. Entscheidend ist ein ausgewogenes Maß: genug Details, um Planungssicherheit zu schaffen – aber nicht so viel, dass Flexibilität verloren geht. In komplexen Organisationen empfehlen wir, Refinement mit anderen Methoden wie User Story Mapping oder Value Stream Mapping zu kombinieren, um das „große Ganze“ sichtbar zu halten.
Weiterführende Begriffe
- Product Backlog
- Sprint Planning
- Definition of Ready (DoR)
- User Story
- Estimation (z. B. Story Points)
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