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Glossarbeitrag

Was ist Little's Law?

Little’s Law—auch Littles Gesetz—ist eine fundamentale Regel der Warteschlangentheorie aus dem Jahr 1961 (John D. C. Little, MIT), die den Zusammenhang zwischen Work in Progress (WIP), Durchsatz (Throughput) und Durchlaufzeit (Cycle Time/Lead Time) beschreibt. Formal lautet die Gleichung: 

WIP = Throughput × Cycle Time 

bzw. in klassischer Warteschlangentheorie: L = λ × W, wobei L die Anzahl im System und λ die Ankunfts- oder Abgangsrate ist. Diese Gesetzmäßigkeit gilt unabhängig von Verteilungsannahmen oder Systemdetails – vorausgesetzt, es handelt sich um stationäre Zustände.   

 

Praxisbezug 

 

Little’s Law ist in Lean, Kanban und agilen Methoden wegweisend: 

- WIP (Work in Progress): Anzahl aktueller Aufgaben in Bearbeitung. 

- Throughput: Rate, mit der Arbeiten abgeschlossen werden (z. B. Items/Tag). 

- Cycle Time: Durchschnittliche Zeit, die ein Item benötigt, um fertigzustellen. 

 

Anwendungsbeispiel: Reduzierung der WIP-Items verkürzt direkt die Cycle Time bei gleichbleibendem Durchsatz. Der Hebel ist klar: entweder WIP senken, um schneller zu liefern, oder Throughput erhöhen, was allerdings oft technisch oder personell aufwendiger ist.   

 

Typische Missverständnisse 

- „Mehr WIP ist effizienter“ – entgegengesetzt: höheres WIP verlängert Durchlaufzeiten und verschlechtert Vorhersagbarkeit.   

- „Little’s Law gilt nur in Produktion“ – es ist universell anwendbar auf Dienstleistung, Software, Kanban-Systeme, Call-Center etc.   

- „Man kann Cycle Time senken ohne WIP oder Throughput zu beeinflussen“ – nur begrenzt möglich; erfordert meist Kapazitätsanpassung oder Backlog-Steuerung. 

 

Relevanz für Organisationen 

- Prognosefähigkeit: Kennt man zwei Variablen, lässt sich die Dritte zuverlässig ableiten. 

- Flow-Steuerung: Geringes WIP – kürzere Durchlaufzeit – höhere Qualität. 

- Werkzeug zur Wirkungsmessung: Kleine Änderungen (z. B. WIP-Limits) zeigen messbare Effekte auf Cycle Time. 

- Investitionsentscheidungen: Hilfreich beispielsweise bei der Abwägung zwischen Kapazitätserweiterung vs. Prozessoptimierung.   

 

Beispiel aus der Praxis 

Ein Team visualisierte ihre Work Items auf einem Kanban-Board: Bei 32 laufenden Items (WIP) und einem Durchsatz von 1,25 Items pro Tag ergab sich eine Cycle Time von etwa 25,6 Tagen. Reduktion des WIP auf 24 Items ergab eine deutlich schnellere Lieferzeit – ein praktischer Nachweis der Gesetzmäßigkeit.   

 

Erweiterungen und Anwendungen 

- Queue Chains / Netzwerke: Little’s Law gilt auch für gekettete Systeme, z. B. Multi-Team-Workflows oder Portfolios. 

- Transient Cases: Auch in Veränderungsszenarien kann Little’s Law wichtige Hinweise geben (z. B. während Onboarding von Maßnahmen). 

- Simulation & Szenario-Modelle: In Kombination mit Tools wie Cumulative Flow Diagram und Wahrscheinlichkeitsverteilungen kann Little’s Law zur Prognose und Kapazitätsplanung genutzt werden.    

 

So arbeiten gute Coaches mit Little’s Law 

- Datenbasis erstellen: WIP, Durchsatz und Cycle Time in gleichmäßigen Zeitfenstern messen. 

- Szenarien visualisieren: Was passiert bei WIP-Reduktion oder Durchsatzsteigerung? 

- WIP-Limits setzen & prüfen: Teams experimentieren mit realen Werten (z. B. max. 3–5 Items gleichzeitig). 

- Engpässe identifizieren: Wo staut es? (Cumulative Flow Diagram + Little’s Law nutzen) 

- Einsatz im Portfolio: Herleitung von Warteschlangen-Überlast und notwendige Steuerung großer Initiativen.   

 

 CALADE-Perspektive  

Wir nutzen Little’s Law routiniert als indikativen Flow-Hebel, nicht als mathematische Dogmatik. In Projekten oder Programmen instrumentieren wir Teams, ARTs und Portfolios so, dass WIP, Durchsatz und Durchlaufzeit messbar werden – Daten statt Bauchgefühl. In Kombination mit WIP-Limits, Kanban, Portfolio-Steuerung schaffen wir iterativ messbare Flow-Verbesserung. Unsere Coaches verstehen diese Prinzipien und setzen sie aktiv ein – als strukturierendes Denkmodell, nicht als leere Formel. 

 

Weiterführende Begriffe 

- Kanban / WIP-Limits 

- Durchlaufzeit vs. Lead Time 

- Cumulative Flow Diagram (CFD) 

- Queueing Theory 

- Throughput Accounting 

 

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