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Glossarbeitrag

Was ist ein Gemba Walk?

Ein Gemba Walk ist eine Führungspraxis aus dem Toyota Production System (TPS) und dem Lean-Management. „Gemba“ (現場) bedeutet „der reale Ort“ – also der Ort, an dem Wertschöpfung tatsächlich stattfindet (Fabrikhalle, Büro, IT-System, Service Desk). Beim Gemba Walk gehen Führungskräfte, Coaches oder Berater zum Ort des Geschehens, um Prozesse zu beobachten, Mitarbeitende einzubeziehen, Ursachen zu verstehen und Verbesserungen zu fördern. 

 

Praxisbezug 

 

Zentrale Elemente eines Gemba Walks: 

- Hingehen (Genchi Genbutsu): Probleme lassen sich nur verstehen, wenn man sie an der Quelle sieht. 

- Beobachten, nicht urteilen: Den Prozess und das Umfeld wahrnehmen, bevor Schlüsse gezogen werden. 

- Fragen stellen, Respekt zeigen: Mitarbeitende werden einbezogen, nicht kontrolliert. 

- Verbesserungen anstoßen: Hindernisse und Potenziale werden sichtbar gemacht. 

 

In agilen Kontexten wird der Gemba Walk häufig genutzt, um Teams bei ihrer täglichen Arbeit zu begleiten, z. B. in Entwicklung, Service oder Operations. 

 

Typische Missverständnisse 

❌ „Gemba Walk = Audit“ – nein, es geht nicht um Kontrolle, sondern um gemeinsames Lernen. 

❌ „Nur für Produktion“ – Gemba Walks sind in Büros, IT, Krankenhäusern, Verwaltungen genauso wirksam. 

❌ „Einmal pro Jahr reicht“ – der Nutzen entsteht durch Regelmäßigkeit. 

❌ „Führungskräfte geben sofort Lösungen vor“ – im echten Kaizen-Geist steht das Fragen und Verstehen im Mittelpunkt. 

 

4. Relevanz für Organisationen 

- Transparenz: Probleme und Engpässe werden sichtbar, nicht versteckt. 

- Kultur: Respekt und echtes Interesse an der Arbeit fördern Vertrauen. 

- Kontinuierliche Verbesserung: Direkter Input aus dem Arbeitsumfeld. 

- Schnelleres Lernen: Führungskräfte verstehen reale Ursachen, statt sich auf Berichte zu verlassen. 

 

Organisationen, die regelmäßig Gemba Walks durchführen, entwickeln eine Lern- und Verbesserungsroutine – zentral für Lean und agile Transformationen. 

 

Beispiel aus der Praxis 

 

Ein IT-Service-Center führte wöchentliche Gemba Walks mit Bereichsleitern ein. Statt PowerPoint-Reports trafen sich Führungskräfte am Service-Desk, sprachen mit Mitarbeitenden, sahen Ticket-Backlogs ein und diskutierten Hindernisse. Ergebnis: Engpässe (fehlende Automatisierung im Monitoring) wurden schneller erkannt und priorisiert, die Bearbeitungszeiten von Incidents reduzierten sich um 20 %. 

 

Anwendung außerhalb von Lean Production 

- IT & DevOps: Gemeinsame Walkthroughs durch Pipelines oder Incident Management. 

- Agile Frameworks: Inspect & Adapt und Team-Reviews sind moderne Varianten. 

- Change Management: Führungskräfte gehen bewusst „in den Wandel“, um Betroffene einzubeziehen. 

- Gesundheitswesen: Ärzt:innen und Manager besuchen Stationen, um Arbeitsbedingungen zu verstehen. 

 

Das Prinzip bleibt universell: Gehe hin – beobachte – frage – verstehe – verbessere. 

 

So nutzen gute Coaches Gemba Walks konkret 

- Vorbereitung: Ziel des Walks definieren (z. B. Qualität, Sicherheit, Flow). 

- Haltung: Zuhören und Fragen stellen, keine Lösungen diktieren. 

- Beobachtungsschwerpunkte: Fluss, Verschwendung, Qualität, Mitarbeiterperspektive. 

- Follow-up: Erkenntnisse dokumentieren, kleine Verbesserungen anstoßen, Verantwortlichkeiten klären. 

 

CALADE-Perspektive 

Bei CALADE setzen wir Gemba Walks gezielt in Projekten und Programmen ein – nicht nur in der Produktion, sondern auch in Wissensarbeit, IT und Transformationen. Unsere Coaches und Berater sind in der Methode ausgebildet und begleiten Führungskräfte dabei, echte Ursachen vor Ort zu verstehen, statt Entscheidungen nur auf Kennzahlen und Berichte zu stützen. Dadurch entstehen praktische, nachhaltige Verbesserungen, die Mitarbeitende mittragen. 

 

Weiterführende Begriffe 

- Kaizen 

- Genchi Genbutsu 

- Toyota Production System (TPS) 

- Inspect & Adapt 

- Continuous Improvement (CI) 

 

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