Was ist Design Thinking?
Design Thinking ist ein menschenzentrierter Innovationsansatz, der darauf abzielt, Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln, die echte Nutzerbedürfnisse erfüllen. Der Ansatz verbindet Empathie für den Anwender, kreative Ideenfindung und iteratives Experimentieren, um Lösungen für komplexe Probleme zu finden.
Design Thinking kombiniert Divergenz und Konvergenz (Double Diamond): Zunächst wird das Problemfeld breit erkundet (divergieren), anschließend verdichtet und fokussiert (konvergieren). Dies gilt ebenso für die Lösungsfindung: erst viele Ideen, dann Auswahl und Prototyping. Der Prozess ist explizit iterativ – einzelne Phasen können mehrfach durchlaufen werden, wenn neues Feedback vorliegt.
Kernschritte des Prozesses
Design Thinking folgt in der Regel fünf Hauptschritten, die iterativ durchlaufen werden:
- Einfühlen (Empathize): Nutzer verstehen, Kontexte erforschen, Bedürfnisse aufspüren. Methoden: Beobachtungen, Interviews, Shadowing.
- Definieren (Define): Erkenntnisse verdichten und in konkrete „Point-of-View“-Statements oder Problemdefinitionen überführen.
- Ideenfindung (Ideate): Möglichst viele Lösungsansätze entwickeln. Methoden: Brainstorming, 6-3-5-Methode, SCAMPER.
- Prototyping (Prototype): Ideen schnell sichtbar und erlebbar machen, oft in Low-Fidelity-Form.
- Testen (Test): Feedback mit echten Nutzern einholen, Prototypen anpassen oder verwerfen.
Praktische Relevanz
- Nutzerzentrierung: Stellt sicher, dass Lösungen echten Mehrwert für Anwender:innen schaffen.
- Innovationsförderung: Fördert Kreativität und eröffnet neue Lösungsräume.
- Fehlerfreundlichkeit: Durch Prototyping werden Ideen schnell getestet, ohne hohe Kosten.
- Teamkollaboration: Multidisziplinäre Teams (typisch 4–8 Personen) bringen unterschiedliche Perspektiven ein.
- Marktorientierung: Lösungen werden früh auf Wünschbarkeit, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft.
Praktische Beispiele
Banking-App:
Ein Finanzinstitut nutzte Design Thinking, um eine App für junge Kund:innen zu entwickeln. Durch Interviews und Prototypen wurde erkannt, dass „Sparziele“ wichtiger waren als „klassische Budgets“.
Wirkung: Höhere Nutzerakzeptanz, gesteigerte Kundenbindung.
Gesundheitswesen:
Ein Krankenhaus-Team entwickelte mithilfe von Personas und Customer Journeys eine neue Patientenaufnahme. Prototypen (z. B. geänderte Formulare und Abläufe) wurden sofort getestet.
Wirkung: Verkürzte Wartezeiten, höhere Zufriedenheit.
Industrie 4.0:
Ein Maschinenbauunternehmen nutzte Design Thinking, um smarte Wartungslösungen zu entwickeln. Durch Workshops mit Techniker:innen entstanden einfache Prototypen von Apps für Predictive Maintenance.
Wirkung: Schneller Markteintritt, bessere Auslastung von Servicepersonal.
Umsetzung in der Praxis
- Rahmenbedingungen schaffen: Design Thinking benötigt geschützte Räume, physisch (Kreativräume mit Whiteboards, Bastelmaterial, Prototyping-Tools) und kulturell (Fehlerfreundlichkeit, Experimentierfreude). Führungskräfte müssen zulassen, dass in frühen Phasen noch keine „fertigen Lösungen“ entstehen.
- Teamzusammensetzung: Effektive Teams bestehen aus kleinen, multidisziplinären Gruppen (typisch 4–8 Personen). Ein:e Moderator:in/Coach steuert den Prozess und sorgt für Struktur.
- Nutzer:innen konsequent einbinden: Regelmäßige Interviews, Beobachtungen, Tests sind Pflicht. Ohne echte Nutzer:innen entsteht nur ein „Innensicht-Workshop“.
- Methoden gezielt einsetzen:
- Empathize: Empathy Maps, Shadowing
- Define: „How Might We“-Fragen, Point-of-View-Statements
- Ideate: Brainstorming, Crazy 8s
- Prototype: Papiermodelle, Klick-Dummys
- Test: Feedback-Sessions, A/B-Tests
- Prototyping und Iteration ernst nehmen: Low-Fidelity-Prototypen erlauben schnelles Feedback, ohne viel Budget zu verbrauchen. Teams müssen bereit sein, auch komplette Richtungswechsel vorzunehmen.
- Bewertung und Entscheidung: Ideen sollten nach drei Kriterien bewertet werden: Wünschbarkeit, Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit. Dieses Dreieck verhindert „technisch perfekte, aber nutzlose“ Lösungen.
- Integration in den Alltag: Erfolgreich ist Design Thinking nur, wenn es kein einmaliger Workshop bleibt, sondern in Innovationsprozesse integriert wird (z. B. regelmäßige Design Sprints, Strategie-Workshops, Produktentwicklung).
- Skalierung und Nachhaltigkeit: In großen Organisationen sollte Design Thinking in Innovationsprogrammen oder Academies verankert werden, um die Wirkung über Einzelteams hinaus zu entfalten.
Anti-Patterns
- Design Thinking als „Kreativ-Event“ ohne Folgearbeiten: Schöne Ideen, aber keine Umsetzung.
- Keine Nutzer:innen einbeziehen: Annahmen bleiben unüberprüft, Ergebnisse irrelevant.
- Zu enge Rahmenbedingungen: Wenn Ziele und Lösungen schon vorher festgelegt sind, bleibt kein Raum für Innovation.
- Iteration vermeiden: Ohne wiederholtes Testen und Lernen verliert Design Thinking seinen Kern.
CALADE-Sichtweise
Für CALADE ist Design Thinking ein zentrales Werkzeug, um in komplexen Kontexten Nutzer:innen in den Mittelpunkt zu stellen. Wir betrachten es nicht isoliert, sondern als Baustein in einer Methodenlandschaft:
- In Produktentwicklung: Nutzerzentrierte Innovation mit schnellen Markttests.
- In Organisationstransformation: Empathie und Partizipation sichern Akzeptanz für Veränderung.
- In Strategiearbeit: Breite Lösungsräume öffnen, bevor Entscheidungen verdichtet werden.
So wird Design Thinking vom Kreativ-Tool zur Strategie- und Transformationsmethode.
Verwandte Begriffe
- Design Sprint – verkürzte, fokussierte Variante von Design Thinking
- Lean Startup – experimenteller Ansatz für Geschäftsmodelle
- Customer Journey – Abbildung von Nutzererlebnissen entlang einer Prozesskette
- Persona – fiktive Nutzerprofile zur Empathie-Entwicklung
- Double Diamond – Modell für divergierende und konvergierende Phasen
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