Das Kanban Framework ist ein Ansatz für Agiles Arbeiten und kontinuierliche Verbesserung, der ursprünglich von David J. Anderson auf die Wissensarbeit übertragen wurde. Es baut auf Prinzipien des Toyota-Produktionssystems (Lean) auf und fokussiert auf die Visualisierung von Arbeit, Limitierung von Work in Progress (WIP) und kontinuierlichen Fluss.
Wichtig: Kanban ist kein starres Vorgehensmodell mit fixen Rollen oder Events, sondern ein flexibles, evolutionäres Change-Framework, das Organisationen hilft, ihre Prozesse Schritt für Schritt zu verbessern.
Praxisbezug
Kernpraktiken im Kanban Framework sind:
- Visualisierung des Workflows: Darstellung der Arbeit in einem Kanban-System (Board), um Engpässe sichtbar zu machen.
- WIP-Limits (Work in Progress Limits): Begrenzung paralleler Aufgaben, um Überlastung zu vermeiden.
- Flow Management: Optimierung des Durchsatzes und Verkürzung von Durchlaufzeiten.
- Feedback-Loops: Regelmäßige Meetings (z. B. Replenishment, Delivery Planning, Service Review).
- Explizite Policies: Klare Definition von Regeln, wann Arbeit als „fertig“ gilt oder wie Prioritäten gesetzt werden.
- Evolutionärer Change: Verbesserungen werden schrittweise eingeführt, nicht durch „Big Bang“-Transformation.
Kanban eignet sich besonders dort, wo komplexe Wissensarbeit koordiniert wird (IT, Produktentwicklung, Service-Organisationen), aber auch in klassischen Umfeldern wie HR, Einkauf oder Marketing.
Typische Missverständnisse
❌ „Kanban = Kanban Board“ – das Board ist nur ein Werkzeug. Das Framework umfasst Prinzipien, Werte und Praktiken.
❌ „Kanban ist nur für IT“ – tatsächlich ist es branchenübergreifend einsetzbar.
❌ „Kanban ersetzt Scrum“ – es ist kein Ersatz, sondern oft eine Ergänzung oder Alternative, abhängig vom Kontext.
❌ „Kanban heißt, alles bleibt wie es ist“ – Kanban bedeutet Veränderung, aber evolutionär und kontinuierlich, nicht disruptiv.
Relevanz für Organisationen
- Fokus: Teams arbeiten an weniger Dingen gleichzeitig, was die Qualität erhöht.
- Transparenz: Engpässe und Blockaden werden sichtbar.
- Flexibilität: Kanban kann auf bestehende Prozesse aufgesetzt werden, ohne diese komplett neu zu strukturieren.
- Nachhaltigkeit: Evolutionärer Ansatz, der Organisationen kontinuierlich anpassungsfähiger macht.
Gerade im Komplexitätsbereich (Stacey-Matrix) ist Kanban hilfreich, weil es schrittweise Verbesserungen ermöglicht, statt Organisationen mit einer großen Transformation zu überfordern.
Beispiel aus der Praxis
Ein HR-Team führte Kanban ein, um seine Recruiting-Prozesse zu verbessern. Zunächst wurden alle Bewerbungsprozesse auf einem Board sichtbar gemacht. Mit Einführung von WIP-Limits konnte Überlastung reduziert werden: weniger offene Stellen gleichzeitig, dafür schnellere Besetzung. Ergebnis: Durchlaufzeiten sanken um 30 %, die Zusammenarbeit mit Fachbereichen wurde effizienter.
SAFe Kanban
Im Scaled Agile Framework (SAFe) wird Kanban in mehreren Kontexten eingesetzt – z. B. auf Team-, ART-, Solution- und Portfolio-Ebene.
Hier dient es primär zur Visualisierung und Steuerung von Backlogs (z. B. Portfolio Kanban für Epics, ART Kanban für Features, Team Kanban für Stories).
Wichtiger Unterschied: SAFe Kanban ist kein eigenständiges Framework, sondern ein Artefakt innerhalb von SAFe, das Transparenz über Wertströme und Entscheidungsprozesse herstellt.
Kritisch ist hier die Abgrenzung:
- Das Kanban Framework (nach David J. Anderson, Kanban University) ist ein eigenständiger Ansatz zur Organisationsentwicklung.
- SAFe Kanban ist ein spezifisches Instrument innerhalb eines umfassenderen Frameworks.
Nutzung außerhalb von SAFe
Kanban ist frameworkunabhängig einsetzbar. Es ergänzt andere Ansätze (Scrum, LeSS, Flight Levels) oder steht für sich allein. Typische Einsatzgebiete:
- Service-Teams (z. B. IT-Operations, HR, Einkauf).
- Portfoliomanagement (Visualisierung und Priorisierung von Initiativen).
- Transformationen (Evolutionärer Startpunkt für Organisationen, die Veränderung ohne „Big Bang“ suchen).
CALADE-Perspektive
Bei CALADE sehen wir Kanban als Schlüsselbaustein für nachhaltige Veränderung. Seine Stärke liegt in der Evolution statt Revolution: Organisationen können in ihrem Tempo lernen, den Fluss verbessern und Transparenz herstellen. In unseren Projekten kombinieren wir Kanban oft mit anderen Frameworks wie SAFe, Flight Levels oder Living Transformation® – nicht dogmatisch, sondern so, dass es zum Kontext und zur Kultur des Kunden passt.
Weiterführende Begriffe
- Work in Progress (WIP)
- Flow Efficiency
- Portfolio Kanban (SAFe)
- Scrum vs. Kanban
- Evolutionärer Change
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