Das Toyota Production System (TPS) ist ein integriertes sozio-technisches Managementsystem, das Wertschöpfung durch Jidoka („Automatisierung mit menschlichem Augenmaß“) und Just-in-Time (JiT) radikal auf Fluss, Qualität und Verschwendungsfreiheit ausrichtet. Die beiden Säulen werden seit den 1950ern von Toyota systematisch entwickelt und bilden die Basis dessen, was später als „Lean“ bekannt wurde.
Praxisbezug (Prinzipien & Kernpraktiken)
Zwei Säulen – ein System:
- Jidoka: Prozesse stoppen (automatisch oder per Andon-Zug) sobald eine Abweichung auftritt; Fehler werden am Ort der Entstehung sichtbar gemacht und behoben.
- Just-in-Time: Nur das Richtige, in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit – getaktet nach Kundennachfrage. Kanban dient dabei als Pull-Steuerung.
Stabilisierende Grundlagen („Fundament des TPS-Hauses“):
- (Nivellierung/Glättung): Schwankungen glätten, um Fluss zu ermöglichen.
- Standard Work & Sichtbarkeit (u. a. Andon): Abweichungen werden sofort erkennbar.
- Kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) & Problemlösung am Gemba/„Genchi Genbutsu“ („geh hin und sieh selbst“).
Viele Darstellungen fassen dies im „TPS-Haus“ zusammen: Fundament (Stabilität/Standard), zwei Säulen (JiT & Jidoka), Dach (Kunde/Wert), getragen von Respekt & Teamarbeit.
Typische Missverständnisse
- „TPS = Toolsammlung“ – falsch. Tools (Kanban, Andon etc.) sind Folge des Denkmodells (Fluss, Ursachenorientierung, Respekt), nicht Selbstzweck.
- „Nur für Fabriken“ – TPS-Prinzipien (Fluss, Pull, Sichtbarkeit, Ursachenanalyse) sind branchenübergreifend wirksam (Gesundheit, Services, IT).
- „JiT = Null Bestand, um jeden Preis“ – JiT verlangt Stabilität & Nivellierung (Heijunka). Ohne Fundament führt „Bestand auf Null“ zu Instabilität.
Relevanz für Organisationen
- Qualität im Prozess (Jidoka): Fehler werden dort gelöst, wo sie entstehen; Qualität ist eingebaut, nicht „endgeprüft“.
- Kürzere Durchlaufzeiten & geringere Kosten (JiT/Kanban/Heijunka): Fluss statt Stau und Überproduktion.
- Adaptivität: Sichtbare Abweichungen + schnelle Problemlösung führen zu belastbarer, lernender Organisation.
Beispiel aus der Praxis
Ein Endmontagebereich litt unter Störungen im letzten Drittel der Linie. Einführung von Andon (Linienstopp bei Abweichung) + Heijunka-Glättung im Zulauf reduzierte Nacharbeit signifikant, während Kanban zwischen Vormontage und Linie Bestände stabilisierte. Ergebnis: höhere Erst-Pass-Quote und planbarer Fluss – genau die Wirkung, die Toyota mit Jidoka & JiT adressiert.
Anwendung jenseits der Produktion (Lean/Agil)
- Wissensarbeit/IT: Pull-Systeme (Kanban für Arbeit), „Stop-the-Line“-Denken bei Qualitätsabweichungen (Build bricht → sofortige Ursachensuche), Gemba in Operations/Customer Support.
- Skalierte Transformationskontexte: Lean/Agile-Rahmen (z. B. SAFe) spiegeln TPS-Logik in Flow-Hebeln (WIP-Limitierung, kleinere Batches, schnelleres Feedback).
CALADE-Perspektive
Wir nutzen TPS-Prinzipien konsequent in Projekten und Programmen – unabhängig vom Bereich: Flussorientierung (Pull/Kanban), Jidoka-Denken (Qualität im Prozess), Heijunka (Rhythmus/Stabilisierung), Genchi Genbutsu (vor Ort verstehen). Unser Anspruch: Denkmuster zuerst, Werkzeuge danach – maßgeschneidert für das jeweilige Wertstrom- und Organisationsdesign. (Subtil: Unsere Coaches/Expert:innen sind in diesen Methoden ausgebildet und verankern sie in Routinen, nicht nur in Workshops.)
Weiterführende Begriffe
- , Just-in-Time, Heijunka, Kanban, Andon, Genchi Genbutsu, Kaizen (siehe gesonderte Glossareinträge).
- Toyota Way / TPS-Haus – kulturelles Fundament und Visualisierung.
- Lean/„Lean Thinking“ – Popularisierung & Generalisierung von TPS-Prinzipien über die Autoindustrie hinaus.
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