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Glossarbeitrag

Wie werden Storypoints mit Magic Estimation geschätzt?

Magic Estimation ist eine agile Schätzmethode, mit der Teams in kurzer Zeit viele User Stories oder andere Product Backlog Items bewerten können. Im Gegensatz zu detaillierten Diskussionen beim Planning Poker ermöglicht Magic Estimation eine schnelle, relative Einschätzung der Komplexität. Dabei berücksichtigen Teams Aspekte wie Risiken, Unsicherheiten, Abhängigkeiten, Komplexität und Arbeitsvolumen.  

Die Methode basiert auf relativer Schätzung: Items werden im Verhältnis zueinander eingeordnet, anstatt absolute Werte zu vergeben. Wichtig: Magic Estimation liefert keine exakten Ergebnisse, sondern eine grob abgestufte Einordnung, die als Ausgangspunkt für Priorisierung und weitere Diskussionen dient. 

 

  

Praktische Relevanz 

- Effizienz: Große Mengen an Backlog Items können in kurzer Zeit geschätzt werden. 

- Relativität: Die Methode stärkt das Verständnis für den Zusammenhang zwischen verschiedenen Aufgaben. 

- Priorisierung: Product Owner gewinnen mehr Klarheit, welche Items den größten Nutzen bei gegebenem Aufwand versprechen. 

- Transparenz: Unterschiede in der Wahrnehmung von Aufwand und Risiken werden sichtbar. 

- Kommunikation: Durch die Schätzrunden und eventuelle Verschiebungen wird deutlich, wo Klärungsbedarf besteht. 

- Grobe Orientierung: Magic Estimation liefert eine schnelle Basis für Entscheidungen – Detailgenauigkeit entsteht erst in nachgelagerten Refinements. 

 

 

Praktische Beispiele 

Software-Entwicklung: Ein Team muss 80 neue User Stories für ein Release grob einschätzen. Mit Magic Estimation dauert der Prozess zwei Stunden statt mehrerer Refinement-Sessions. 
Wirkung: Das Team erhält ein gemeinsames Bild über Größenordnungen, und der Product Owner kann besser priorisieren. 

Remote-Arbeit: Ein verteiltes Team setzt digitale Whiteboards (z. B. Miro, Mural) ein. User Stories werden virtuell verschoben, Diskussionen finden über Chat oder Breakout-Räume statt. 
Wirkung: Trotz räumlicher Distanz wird ein gemeinsames Verständnis geschaffen. 

Festpreis-Kalkulation: Ein Dienstleister nutzt Magic Estimation, um Stories für ein Kundenprojekt zu bewerten. Auf Basis der relativen Schätzungen und Erfahrungswerte kann ein grober Festpreis angeboten werden. 
Wirkung: Frühzeitige Verbindlichkeit in Verhandlungen mit gleichzeitigem Risikopuffer. 

 

 

Umsetzung in der Praxis (How to)

1. Vorbereitung 
 

Backlog Items auswählen: Alle zu schätzenden User Stories oder Epics werden gesammelt. 

Visualisierung: Jedes Item wird auf eine Karte oder ein Post-it geschrieben. Alternativ digitale Karten in Tools wie Miro oder Jira. 

Skala festlegen: Meist Fibonacci-Zahlen (1, 2, 3, 5, 8, 13 …). Optional beginnt man ohne Zahlen und ordnet nur nach „klein → groß“. 

Raum vorbereiten: Ein großer Tisch oder eine Wand mit Spalten für die Story-Point-Werte. Im Remote-Fall ein digitales Board mit entsprechenden Spalten. 

 

2. Erste Runde – stilles Platzieren 
 

Alle Teammitglieder platzieren die Items still und ohne Diskussion in den passenden Spalten. 

Ziel: schnelle, erste Einordnung. 

 

3. Zweite Runde – Verschieben 
 

Teammitglieder dürfen Karten verschieben, wenn sie anderer Meinung sind. 

Diskussion ist weiterhin nicht erlaubt. 

Ergebnis: Items, die häufig bewegt werden, werden sofort sichtbar. 

 

4. Diskussion und Klärung 
 

Nur die am meisten verschobenen Items werden besprochen. 

Diskussionen bleiben kurz und fokussiert. 

Strittige Stories können zerlegt oder umformuliert werden. 

 

5. Abschluss der Schätzung 

Finale Positionen werden festgelegt. 

Wenn die Spalten zunächst nur „klein bis groß“ hießen, können jetzt Story-Point-Werte vergeben werden. 

Ergebnisse werden ins Backlog übernommen. 

 

Hinweis zur Genauigkeit 

Magic Estimation ist eine grobgranulare Schätzmethode. Sie ersetzt nicht detaillierte Diskussionen in späteren Refinements, sondern liefert eine Basis, um das Backlog handhabbar und priorisierbar zu machen. 

 

 

Anti-Patterns 

- Zu detaillierte Diskussionen: Wenn das Team bei jedem Item debattiert, geht der Zeitvorteil verloren. 

- Fehlender Vergleich: Werden Items nicht in Relation zueinander betrachtet, entstehen unbrauchbare Schätzungen. 

- Dominanz einzelner Personen: Ein Moderator muss darauf achten, dass nicht immer dieselben Teammitglieder Stories verschieben. 

- Missbrauch als absolute Zeitschätzung: Magic Estimation dient der relativen Komplexität, nicht der Stundenplanung. 

 

CALADE-Sichtweise 

Für CALADE ist Magic Estimation ein praktisches Werkzeug, um große Backlogs schnell zu strukturieren und transparent zu machen. Wir nutzen es oft in frühen Projektphasen, um einen Überblick zu schaffen, und kombinieren es mit Planning Poker oder detaillierten Refinements, wenn Items näher an die Umsetzung rücken. So verbinden wir Effizienz mit Genauigkeit und helfen Teams, Priorisierung und Kommunikation deutlich zu verbessern. 

  

Verwandte Begriffe 

- Planning Poker – klassische Schätzmethode für User Stories 

- Story Points – Maßeinheit für relative Komplexität 

- Backlog Refinement – kontinuierliches Aufbereiten von Product Backlog Items 

- Relative Schätzung – Prinzip, Items zueinander in Beziehung zu setzen 

- Estimation Games – Sammelbegriff für agile Schätzmethoden 

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