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Glossarbeitrag

Was ist die Continuous Delivery Pipeline (CDP) im SAFe?

Die Continuous Delivery Pipeline (CDP) ist der End-to-End-Wertstrom in SAFe, der neue Funktionalität von der Idee bis zur bedarfsgerechten Auslieferung bringt – bestehend aus Continuous Exploration (CE), Continuous Integration (CI), Continuous Deployment (CD) und Release on Demand (RoD). Die CDP ist in SAFe’s DevOps/CALMR-Denke verankert (Culture, Automation, Lean Flow, Measurement, Recovery).   

 

Ursprung und Zweck 

Die CDP operationalisiert Lean-Agile Prinzipien, verbindet Produktmanagement, Entwicklung, Betrieb und Compliance und schafft schnelle Feedback-Schleifen über alle Ebenen (Portfolio/ART/Team). Ihr Ziel ist ein stabiler, vorhersagbarer Flow von Idee zu Cash.   

 

Kernelemente 

- CE: Problem-/Lösungsverständnis, Hypothesen, MVP/MMF, Customer Centricity & Design Thinking; Pflege von Solution Intent und NFRs.   

- CI: Test-first (TDD/BDD), trunk-based development, kontinuierliches Integrieren/Validieren integrierter Systemstände.   

- CD: Automatisiertes, wiederholbares Deployen in produktionsnahe/produktive Umgebungen; NFR-Verifikation; Deployment vom Release entkoppeln.   

- RoD: Wert gezielt freigeben (z. B. segmentiert, inkrementell, A/B, Canary, Blue/Green) – ausgelöst durch Business-Bereitschaft, nicht durch Delivery-Takt.   

 

Anwendung und Best Practices  

 

Übergreifend (CALMR, Flow & Governance) 

- CALMR als Leitbild: Ohne Kultur (End-to-End-Ownership, psychologische Sicherheit), Automatisierung, Lean-Flow, Messung (Flow-Metriken) und Recovery (Rollback/Chaos-Übungen) bleibt die CDP Flickwerk. SAFe liefert dafür DevOps Practice Domains und die DevOps Health Radar-Selbstdiagnose.   

- Flow messen & steuern: Nutze SAFe’s sechs Flow-Metriken (Distribution, Velocity, Time, Load, Efficiency, Predictability) in Measure & Grow; ergänze technische Telemetrie (Lead Time, MTTR) stets um Business-Outcome.   

- Architektur & Enabler aktiv managen: Architectural Runway, Enabler-Stories und NFRs sichern die Lieferfähigkeit der Pipeline; System Team betreibt Toolchain/Umgebungen.   

 

Continuous Exploration (CE) 

- Hypothesengetriebene Roadmaps: Formuliere Benefit-Hypothesen für Epics/MVPs, verknüpft mit Design Thinking & Lean UX; halte Solution Intent leichtgewichtig, aber aussagekräftig (inkl. NFRs/Solution Context).   

- Set-Based Design für Optionsräume: Halte Optionen bewusst offen, bis Daten vorliegen – reduziert teure Re-Designs bei Unsicherheit (bes. Large Solution/Hardware).   

 

Continuous Integration (CI) 

- Trunk-Based Development und kurze Feature-Branches: Minimiert Merge-Schmerz und ermöglicht tägliche System-Integration. Builds auf jedem Commit, statische Analyse, Security-Scans, „gated commits“.   

- Test-first & kontinuierliche Verifikation: TDD/BDD/ATDD, Testquadranten, schrittweiser Ausbau automatisierter Tests (Unit→Service→System), NFR-Tests früh integrieren.   

- System-Integration sichtbar machen: Regelmäßige System Demos validieren End-to-End; Defekte werden pipeline-nah gefixt („stop the line“ bei roten Gates).   

 

Continuous Deployment (CD) 

- Deployment ≠ Release: Deploye häufig, release wenn Business ready (Marketing, Support, Compliance); nutze Feature Toggles, Dark Launches, Canary/Blue-Green.   

- Umgebungsparität & IaC: Reproduzierbare Stacks, versionskontrollierte Infrastruktur, automatisierte Datenmigrationen/Seed-Daten. (SAFe DevOps nennt IaC/Automation als Enabler.)   

- NFR-Überwachung in Produktion: Reliability, Performance, Security, Usability kontinuierlich überwachen; klare SLOs/Alarmierung & automatisierte Rollback-Wege.   

 

Release on Demand (RoD) 

- Release-Politik aus dem Portfolio ableiten: Segmentierte Rollouts (Region, Kanal, Kundengruppe) und „Wertstromlets“ erlauben differenzierte Markteinführung bei gemeinsamer Codebasis.   

- Business-Readiness explizit managen: Abhängigkeiten zu Legal/Support/Training in das Program/Portfolio-Kanban integrieren; Entkopplung von Entwicklungs-Kadenz und Releases konsequent praktizieren.   

 

Praxisbeispiele

E-Commerce: CE mit A/B-Hypothesen, CI mit mehrmals täglicher Integration; CD in Staging, RoD via Toggles zum Peak-Event (z. B. Black Friday) – Release wird an Nachfrage und Kampagnen gekoppelt, nicht an Sprintenden.   

Automotive/Embedded: HIL-Simulationsketten in CI, CD in Prüfstände/Testfahrzeuge; RoD erfolgt regulatorisch gebündelt, aber dank entkoppeltem Deployment deutlich schneller – Time-to-Market sinkt bei konstanter Compliance.   

Finanz/RegTech: CE übersetzt Reg-Änderungen früh in Epics & Hypothesen; CI/CD liefern kontinuierlich in gesicherte Umgebungen; RoD terminiert Releases auf regulatorische Fälligkeiten – Strafen werden vermieden.   

Medizintechnik: Kontinuierliche V&V/Compliance als Backlog-Arbeit (Enabler, DoD), Nachweise im Solution Intent; RoD nach Freigaben – Compliance von „Gate“ zu Flow transformiert.   

Remote-ARTs: Vollständig virtualisierte CI/CD, segmentierte Releases (EU früher als US wegen Freigaben) bei identischer Codebasis; Transparenz über Program-Boards und Flow-Metriken.   

 

Kritik und Grenzen 

- Technikschulden & Testabdeckung: Fehlende Automatisierung/NFR-Tests machen CDP spröde; SAFe fordert Built-in Quality konsequent.   

- Governance-Shift nötig: Organisationen mit fixen Releasezyklen tun sich mit RoD schwer – Entkopplung und Business-Readiness sind Führungsarbeit.   

- Hardware-Realitäten: Physische Validierung limitiert Kadenz; Set-Based Design, Simulationen und Solution Context mildern, ersetzen aber nicht alles.   

- Metrik-Fallstricke: Technische KPIs ohne Outcome-Bezug erzeugen Scheingenauigkeit – Measure & Grow verlangt Flow und Ergebnisse.   

 

Einbettung & Kombination 

Die CDP vernetzt Agile Product Delivery, ART/ART-Flow, Built-in Quality, Lean Portfolio Management und System Team; Feedback fließt in System Demo und Inspect & Adapt zurück.   

 

CALADE-Perspektive 

Wir richten CDPs als Business-Flows aus – von Hypothese bis Cash. Typische Hebel: Governance für Release on Demand, Architektur-Runway/Enabler-Portfolios, DevSecOps-Automatisierung, Flow-Metriken und System-Team-Aufbau. (Beratend, coaching-nah, ohne Tool-Fetisch.) 

 

Verweise auf weitere Glossarbeiträge 

- Agile Release Train (ART) 

- Release on Demand 

- Built-in Quality 

- DevOps / CALMR 

- System Team 

- Inspect & Adapt Workshop 

- Lean Portfolio Management 

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