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Glossarbeitrag

Was ist Enterprise Agility?

Enterprise Agility (auch Business Agility) ist die Fähigkeit der gesamten Organisation, sich schnell, vorhersagbar und nachhaltig an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen – mit klarem Kundennutzen bei stabilen Qualitäts- und Kostenprofilen. Das umfasst Strategie, Portfolio, Operating Model, Governance, Technologie und Kultur – nicht nur die IT. 

 

Praxisbezug (Bausteine, die in der Realität funktionieren) 

- Wertstrom- & Produkt-Operating-Model: Aufbau entlang Value Streams/Produkten statt Funktionen; bewusste Kopplung von Operational und Development Value Streams. 

- Ambidextrie (Exploration ↔ Exploitation): Neues erkunden und Bestehendes skalieren – strukturell/kontextuell getrennt, aber verbunden. 

- Empirische Steuerung via Outcomes: Evidence-Based Management (EBM) macht Ziele zu Hypothesen und misst Value/Time-to-Market/Ability-to-Innovate. 

- Business Agility Value Stream (BAVS): End-to-End-Fluss von „Opportunity erkennen“ bis „Lernen/Anpassen“ als Betriebsroutine (nicht Projekt). 

- „Agility = Stabilität + Dynamik“: Stabiles Rückgrat (Struktur, Standards, Governance) + dynamisches Netzwerk von Teams. 

 

Typische Missverständnisse 

- „Agile = Scrum/IT“ – zu kurz gedacht: Strategie, Finanzen, HR, Compliance gehören in die Flüsse. 

- „Mehr Zeremonien = mehr Agilität“ – Rituale ohne Operating-Model-Shift sind Theater. 

- „Alles muss agil sein“ – nicht jede Domäne braucht agile Teams; Schnitt & Koexistenz sind entscheidend. 

- „Ein Framework löst’s“ – Frameworks liefern Sprache & Muster, nicht dein Kontext-Design. 

 

Grenzen & Antipatterns  

A. Copy-Paste-Skalierung – „Spotify/SAFe out of the box“ ohne Kontext führt zu Label-Change statt Wirkung (Namen neu, Entscheidungslogik alt). 

B. Overload & Priorisierungsdiffusion – zu viele Top-Prioritäten gleichzeitig → hoher WIP, Friktion, Change Fatigue. 

C. Outcome-Blindheit – Aktivität messen (Trainings, Velocity) statt Ergebnis (Value, Time-to-Market) → Zombie-Initiativen. 

D. IT-only-Transformation – Reibung mit Finanzen/HR/Legal; Wertströme bleiben langsam, wenn Budget-/Entscheidungslogik unverändert bleibt. 

E. Fehlende Ambidextrie – nur Exploitation → Innovationslücke; nur Exploration → keine Skalierung. 

F. Symbolische Führung – „Wir sind agil“ auf Charts; im Alltag Command&Control. Ohne Servant Leadership kippt Wandel zurück. 

 

„Best Practices“  

A. Operating-Model neu denken 

Wertströme identifizieren, Organisation am Kundenfluss ausrichten. 

Produkt/Plattform-Modell: Stream-aligned Teams mit End-to-End-Verantwortung; Plattformen als Product zur Kognitionsentlastung und Flow-Beschleunigung. 

 

B. Portfolio nach Wertströmen steuern 

Weg von Projekt-Töpfen → Wertstrom-Finanzierung mit Guardrails statt Micromanagement. 

BAVS als Steuerlogik: Sense → Options → Build → Run/Measure → Learn/Adapt. 

 

C. Outcomes statt Aktivitäten messen (EBM) 

KVAs explizit nutzen: Current/Unrealized Value, Time-to-Market, Ability-to-Innovate. 

Ziele als Hypothesen; Experiment-Loops und Evidence Reviews im Quartalsrhythmus. 

 

D. Ambidextrie explizit organisieren 

Exploration (z. B. Venture-Fonds, Incubation) und Exploitation (Produktlinien) getrennt führen, aber strategisch koppeln (Budget, Metriken, Entscheidungszyklen). 

 

E. Stabilität als Fundament 

Stabile Kernbausteine (Entscheidungsrechte, Standards, Lightweight-Governance) schaffen Verlässlichkeit, auf der Dynamik skaliert. 

 

F. Sequenzieren statt überladen 

WIP-Limits auf Portfolio-Ebene, Kill/Scale-Entscheide im Quartal, harte Eintrittskriterien (DoR) für neue Initiativen. 

 

G. Plattformdenken & Golden Paths 

Developer/Process Experience optimieren: klare Team-APIs, Golden Paths (empfohlene, gewartete Wege), Self-Service-Capabilities. 

 

H. Leadership-System umstellen 

Servant Leadership, Gemba-Gewohnheit, Entscheidungs-Delegation; Führung beseitigt System-Hindernisse, nicht nur kommuniziert. 

 

Praxisbeispiel 

 

Ein Industriekonzern mit „agilen Inseln“ scheiterte an Portfolio-Fokus und Abhängigkeiten. Korrekturen: 

Wertstrom-Portfolio + BAVS eingeführt; 

Produkt/Plattform-Operating-Model (Shared Services → Plattform-Products mit Golden Paths); 

EBM-Kennzahlen (Time-to-Market, Ability-to-Innovate, Current/Unrealized Value) als Quartals-Review; 

Ambidextrie-Design (Exploration-Fonds, getrennte Governance/ 

Ergebnis nach 2–3 Zyklen: bessere Vorhersagbarkeit, sichtbare WIP-Reduktion (Zombie-Initiativen abgeräumt), kürzere Durchlaufzeiten in Kernflüssen. 

 

Operative Stolpersteine & Gegenmaßnahmen 

- Ritual-Theater → Operating-Model ändern (Schnitt, Team-APIs, Plattform-Capabilities). 

- IT-Only → Finanzen/HR/Legal in die Wertströme integrieren (Guardrails statt Einzelgenehmigungen). 

- Outcome-Blindheit → EBM einführen; Goal-Hypothesen, Experimente, Evidence-Reviews. 

- Portfolio-Overload → WIP-Deckel, Kill/Scale-Routinen; BAVS als Taktgeber. 

 

So arbeiten gute Coaches & Führung 

- Diagnose: Wertströme kartieren, BAVS-Heatmap, Abhängigkeits-/Plattform-Analyse. 

- Zielschnitt: Produkt/Plattform-Modell, Team-APIs, Decision Rights klarziehen. 

- Portfolio-Mechanik: Quarterly Rhythm, WIP-Limits, Evidence-Reviews (EBM). 

- Leadership-Enablement: Servant Leadership, Ambidextrie-Handwerk (getrennte Governance/Metrix für Explore/Exploit). 

 

CALADE-Perspektive 

In Vorhaben zur Enterprise Agility kombinieren wir – kontextsensibel – drei Rollenbilder: 

- Advisory: Wertstrom-/Portfolio-Schnitt, BAVS-Implementierung, EBM-Zielsystem, Guardrails – mit Sequenzierung statt Overload. 

- Training: Führung/Teams in Outcome-Steuerung (EBM), Ambidextrie-Praxis und Produkt/Plattform-Denken – an echten Fällen. 

- Experten: zeitweise erfahrene RTE/STE/Agile-Leadership-Profile, bis Capabilities im Betrieb verankert sind. 

 

Kurz: Wir bauen Betriebsmodelle, nicht Rituale; wir messen Wirkung und sequenzieren – damit Agilität Ergebnisse erzeugt. 

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